Die Geschichte des WingTsun

Kaum eine andere Entstehungsgeschichte zieht die
Kampfkünstler so in den Bann wie die des WingTsun-Kung-Fu. Kein Wunder, ist
diese Kampfkunst doch einige von ganz wenigen, die ihre Ursprünge auf Frauen
zurückführt. Dass die Erzählungen über die Stilbegründerin Ng Mui und ihrer
Schülerin Yim Wing Tsun historischen Fakten entsprechen, ist seit langem durch
intensive Nachforschungen u.a. von GGM Leung Ting widerlegt. Geschichtlich
nachweisbare Personen und Ereignisse vermischen sich mit traditionellen Überlieferungen, politischer Agitation und asiatischem Symbolismus. Das mindert aber keineswegs die Faszination, die der Legende eigen ist, und die Aussagekraft von Mythen hängt grundsätzlich nicht von ihrer historischen Authentizität ab WingTsun (WT) können Sie deutschlandweit in über 1.000 Schulen erlernen. Wir sind Mitglied der Europäischen WingTsun Organisation (EWTO) und damit Teil des weltgrößten Verbandes für Kampfkunst.

 

Der neue Kampfstil

 

WingTsun ist eine chinesische Kampfkunst. Sie wurde vor ca. 300 Jahren von zwei Frau entwickelt und nach ihrer ersten Schülerin benannt. Ihr Name war Yim WingTsun (übersetzt schöner Frühling). Die junge und hübsche Yim WingTsun lebte
in einer Zeit als Gewalt und Mord an der Tagesordnung waren. Frauen wurden damals wie heute als Freiwild betrachtet. Um sich verteidigen zu können, entwickelte sie ein Kampfsystem das allen anderen Kampfstilen überlegen war. Dies musste sie immer wieder in Zweikämpfen unter Beweis stellen. Die Kampf-Prinzipien sind so ausgelegt, dass körperliche Unterlegenheit kompensiert wird. Dadurch ist es möglich, einen körperlich stärkeren Angreifer zu besiegen.

 

Die WingTsun - Großmeister

 

Als Yim Wing Tsun schließlich ihren Verlobten Leung Bok Chau heiratete, gab sie diese neue Kampf-Methode an ihn weiter. Danach waren es nur sehr wenige
Meister wie Leung Lan Kwai (Kräuter -und Knochenarzt), Meister Wong Wah Bo, Meister Yee Tei, Meister Leung Jan (Apotheker), Meister Chan Wah Shun(Geldwechsler) und seine 16 Schüler die dieses Kampfkunst praktizierten. Nach dem Tod von Meister Chan Wah Shun übernahm sein letzter Schüler namens "Yip Man (IP)" die Aufgabe das WingTsun weiter zu verbreiten. Unter Yip Man brach das goldene Zeitalter des WingTsun an. Er wurde unangefochtener Großmeister des WingTsun und war auch in anderen Kampfkunstkreisen sehr geschätzt und geachtet. Nach einer schweren Krankheit entschloss sich Yip Man die Leitung seiner Schule aufzugeben und sich vom Unterricht zurückzuziehen. Nach chinesischer Tradition hatte Yip Man schon seine "Tür geschlossen". Kurz darauf lernte er den jungen Leung Ting kennen un unterrichtete ihn als letzten Schüler (closed door-student) in den höchsten Techniken des WingTsun. Heute ist Dr. Leung Ting (10. Meistergrad WT) weltweit das Oberhaupt des WingTsun - Systems.

Großmeister Yip Man (IP) und Bruce Lee

 

Unter den Schülern Yip Mans war Bruce Lee einer der bekanntesten. Bruce Lee traf Großmeister Yip Man in Hongkong, als er das St. Francis College besuchte. Bruce Lees Vater, Lee Hoi Chuen, war ein guter Freund Yip Mans. Beide waren Flüchtlinge aus Fatshan. Weil Bruce Lees Vater und Yip Man sich so gut verstanden und Bruce Lee soviel Ehrgeiz und Fleiß beim Studium der Kampfkunst zeigte, gab Großmeister Yip sich beim Unterricht von Bruce Lee besondere Mühe.. Aber nach knapp drei Jahren konnte Bruce Lee seine WingTsun - Lektionen nicht mehr fortsetzen, denn er musste Hongkong verlassen, um in Amerika ein akademisches Studium zu beginnen. Bruce Lees Abschied von Großmeister Yip Man machte keinesfalls den Eindruck einer endgültigen Trennung von Schüler und Meister. Aber es gab schon Anzeichen von Missstimmung.Yip Man ermahnte Bruce Lee vor dessen Abreise, dass Kung Fu zu den höchsten chinesischen Künsten zählte, dass Chinesen diese Techniken für sich behalten müssen, um sich zu verteidigen und die Gesundheit zu erhalten. Und dass deshalb die Techniken des chinesischen Kung-Fu Ausländern nicht ohne Vorbehalt gezeigt werden sollten. Bruce Lee versprach sich daran zu halten, aber sobald er in Amerika ankam, eröffnete er eine Kampfschule, nahm ausländische Schüler an und brachte ihne WingTsun - Techniken bei. Großmeister Yip Man war darüber sehr erstaunt und enttäuscht. Im Sommer des Jahres 1965 kehrte Bruce Lee mit seiner Frau und seinem Sohn von Amerika nach Hongkong zurück. Er stattete seinem Meister einen Besuch ab und bat ihn, ihm den letzten Teil der WingTsun - Holzpuppentechniken, den Bruce Lee noch nicht gelernt hatte, zu zeigen. Weiterhin bat er Yip Man um Erlaubnis, einen 8mm Film drehen zu dürfen mit Yip Man, der die Siu Nim Tau-Form. Er benötigte diesen Film für seinen eigenen Unterricht in Amerika. Als Gegenleistung bot er Großmeister Yip Man an, ihm eine neue Eigentumswohnung zu kaufen. Bruce Lee machte jedoch einen großen Fehler. Dadurch, dass er zuviel von Geld sprach, verletzte er die Gefühle seines Lehrmeisters! Deshalb wies ihn Großmeister Yip Man ab: „Ich kann dir das nicht zusagen. Denn du bist nicht mein einziger Schüler, und ich habe niemals irgendeinem Schüler solche Zusicherungen gemacht. Was sollte ich den anderen sagen, wenn ich dein Angebot annähme?“ Nach dieser Zurückweisung durch Yip Man wandte sich Bruce Lee an dessen älteren Sohn um Hilfe. Der aber soll ihm nach eigenen Angaben gesagt haben. „Es ist wahr, dass wir in Armut und Not leben, seit wir vor zehn Jahren nach Hongkong kamen. Wir haben nicht einmal ein Haus, um darin zu wohnen. Dein Angebot, uns eine Eigentumswohnung zu geben, würde unsere Not natürlich lindern. Aber es gibt noch Wichtigeres im Leben des Menschen als ein bequemes Leben und Materielle Dinge, und mein Vater hat einen starken Willen und sein Urteil ist unabänderlich. Da wissen wir beide sehr gut. Wenn er dein Angebot ablehnte, kann ich ihn nicht umstimmen.“

 

WingTsun und Jeet Kune Do

 

Verdrossen kehrte Bruce Lee nach Amerika zurück. Er unterrichtete nun kein WingTsun mehr, denn er war sich darüber im klaren, dass er niemals der erste Mann im WingTsun werden könnte. Um seine Karriere fortsetzen zu können, musste er einen neuen Stil gründen, dessen Schöpfer er selbst war. So nannte er nun die Techniken, die er seinen Schülern beibrachte, Jeet Kune Do. In Wirklichkeit jedoch handelte es sich bei seinen Jeet Kune Do-Techniken hauptsächlich um WingTsun - Techniken kombiniert mit Taekwon-Do und Karate, etwas westlichem Boxen, Judo, nördlichem Gottesanbeterin-Kung-Fu usw. Seine Theorien, die er in Zeitschriften, Büchern und Magazinen verbreitete, waren hauptsächlich die Theorien des WingTsun zusammen mit chinesischen Philosophien wie dem Taoismus. Dazu kamen noch Gedanken aus dem westlichen Boxen oder Judo. Als Bruce Lee wegen seines Jeet Kune Do berühmt wurde, sprach Yip Man nicht mehr über Bruce Lee. Er sah es auch nicht gerne, wenn andere in seiner Gegenwart Bruce Lee erwähnten. In der Tat hatte die Missstimmung zwischen Yip Man und Bruce Lee ihre Ursache darin, dass beide völlig anders aufgewachsen und erzogen waren. Ihre Lebensanschauungen waren zu unterschiedlich. Yip Man war traditionell chinesisch erzogen worden und war ein Anhänger des Konfuzianismus. Er liebte die chinesische Kultur sehr. Er war streng und willensstark und konnte Schicksalsschläge ertragen. Obwohl er als Polizeioffizier und Kung-Fu-Lehrer stets arm war, war er zufrieden und akzeptierte dieses Leben. Bruce Lee jedoch wurde schon in einer englischen Schule in Hongkong erzogen, bevor er sein Philosophie-Studium in den USA antrat. Für ihn waren praktische und materielle Dinge von größter Bedeutung. Sein ganzes Leben lang kämpfte er um Ruhm und Reichtum. Er erreichte beides, aber konnte nichts davon mitnehmen, als er starb.

Das neue WingTsun (WT) - Zeitalter

 

Auf Einladung von Keith R. Kernspecht der schon vorher im engen Kontakt zu
Großmeister Leung Ting stand, wurde dann 1975 der erste Lehrgang in Deutschland
abgehalten. Dies war der Beginn eines neuen WT-Zeitalters. Heute besitzt Dr. Keith R. Kernspecht den 10. Meistergrad im WT und hat sich das Ziel gesetzt, dass WT-System in Europa bekannter zu machen. Unter Leitung von Dr. Keith R. Kernspecht ist die EWTO (Europäische Wing Tsun Organisation) mit über 250.000 Mitgliedern die größte Kampfkunstorganisation weltweit geworden. Mehrmals im Jahr halten die beiden Großmeister Dr. Leung Ting und Dr. Keith R. Kernspecht Lehrgänge in Deutschland ab.